Playoff-Premiere: Serienmeister Berlin gegen Halbfinal-Rookie Chemnitz
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Playoff-Premiere: Serienmeister Berlin gegen Halbfinal-Rookie Chemnitz
Im ersten der beiden Playoff-Halbfinals. Dort treffen der Serienmeister ALBA BERLIN und der Halbfinal-Rookie NINERS Chemnitz zum ersten Mal überhaupt in einer Playoff-Serie aufeinander. Berlin schaltete Bonn per Sweep von 3-0 aus, Chemnitz setzte sich mit 3-1 gegen Vechta durch. Die erste Partie findet am kommenden Dienstag statt.
Im zweiten Halbfinale duellieren sich der FC Bayern München und die Würzburg Baskets (einen Medien-Newsletter zu dieser Halbfinalpaarung gibt es am Montag). Festhalten lässt sich schon, dass in beiden Paarungen die beiden Gegner das erste Mal in einer Playoff-Serie aufeinandertreffen. Das gab es in den BBL-Halbfinals zuletzt 2013 mit Bamberg gegen München und Oldenburg gegen Ulm (damals gingen beide Serien über die vollen fünf Spiele).
In der aktuellen Saison kommt noch hinzu, dass in beiden Duellen von einem Derby gesprochen werden könnte: das Ost-Derby zwischen den beiden östlichsten BBL-Klubs Berlin und Chemnitz, und München und Würzburg liegen sogar im gleichen Bundesland (auch wenn Ihr, liebe Würzburger, wie wir wissen natürlich Franken und keine Bayern seid). Seit 1972 erstmals Halbfinals in der Bundesliga gespielt wurden (anfangs nur mit Hin- und Rückspiel), gab es in 52 Jahren dabei noch nie zwei Derbys.Dramatik im Osten: Erste Playoff-Serie zwischen Serienmeister Berlin und Halbfinal-Rookie Chemnitz
Status quo: Der elffache deutsche Meister ALBA BERLIN steht nach dem 3-0 gegen Bonn zum 26. Mal seit 1991 im Playoff-Halbfinale. Was für die Hauptstädter fast schon „Business as usual ist, ist für die NINERS Chemnitz historisches Neuland. Die erst 2020 aufgestiegenen Sachsen blieben 2022 im Viertelfinale gegen München und 2023 im Viertelfinale gegen Bonn noch gänzlich ohne Sieg, haben sich aber nun mit ihrem 3-1 gegen Vechta zum ersten Mal für das Halbfinale qualifiziert. Berlin hat diese Saison bereits 74 Pflichtspiele absolviert, Chemnitz dagegen „nur 58.
Die besondere Brisanz: Berlin und Chemnitz waren in dieser Saison europäisch auf zwei ganz unterschiedlichen Bühnen mit ganz unterschiedlichen Resultaten aktiv. Berlin gewann in der EuroLeague nur fünf von 34 Begegnungen und beendete die Saison als Tabellenletzter. Die Moral der Mannschaft haben die vielen Niederlagen in der Königsklasse aber nicht gebrochen -- im Gegenteil: Die trotzige Entschlossenheit, jetzt wenigstens national einen positiven Schlusspunkt unter die Saison zu setzen, lässt das Team sogar enger zusammenrücken. ALBA hat seit der Länderspielpause Ende Februar auf nationaler Ebene von 19 Spielen satte 17 gewonnen. Die Chemnitzer stürmten unterdessen im FIBA Europe Cup, dem vierthöchsten europäischen Wettbewerb, mit 15:3 Siegen zum ersten umjubelten Titelgewinn ihrer Vereinsgeschichte. Auf der nationalen Bühne verloren die siegestrunkenen NINERS darüber aber mit drei Niederlagen in Serie zumindest vorübergehend den Fokus und gewannen dadurch nur drei ihrer letzten sechs Hauptrundenspiele und rutschten in der easyCredit BBL noch vom ersten auf den dritten Platz
Die ewige Bilanz: Seit dem Chemnitzer Aufstieg 2020 gab es neun Duelle, von denen die NINERS nur eines gewonnen haben -- am 27. März 2022 gab es einen 81:64-Sieg in Chemnitz. Die bisher brisanteste Begegnung ergab sich beim TOP FOUR 2022 in Berlin, als ALBA die NINERS im Pokal-Halbfinale mit 91:81 ausschaltete. In dieser Saison schlug Berlin zuhause die Chemnitzer an Silvester 101:90, wobei die Gäste 37 Fouls gegen sich gepfiffen bekamen. Auch das Rückspiel drei Monate später in Chemnitz gewann Berlin mit 84:79, weil Sterling Brown nach 25 Punkten im Hinspiel mit 18 Zählern erneut Topscorer der Begegnung war. In der Partie war Khalifa Koumadje nach einer Rangelei mit Jonas Richter nach wenigen Minuten disqualifiziert und später gesperrt worden (weswegen sich die Frage stellt, ob der Big Man in einer Serie gegen die Chemnitzer Defense seine Emotionen unter Kontrolle halten kann).
Duelle im Fokus: Wesley van Beck und Matt Thomas waren im Viertelfinale die Topscorer von Chemnitz und Berlin. NINERS-Shooter van Beck gelang dies, weil er 73,9 Prozent seiner Zweier verwandelte, Berlins Edelschütze Thomas glänzte mit fast schon absurder Treffsicherheit aus der Distanz (12/17 3P, 70,6 3P%). Mit Johannes Thiemann (15,0 PPG und 4,7 RPG) und Jeff Garrett (13,0 PPG und 6,0 RPG) treffen in diesem Halbfinale zudem die effektivsten und vielleicht vielseitigsten Vierer der bisherigen Playoffs aufeinander.
Der Anführer: Auf der Eins stehen sich mit DeAndre Lansdowne (34 Jahre) und Martin Hermannsson (29) die beiden erfahrensten Starter auf der Eins aus dem Kreis der acht Playoff-Teilnehmer gegenüber. Lansdowne trug Chemnitz in den ersten beiden Spielen gegen Vechta, vor allem mit seinem unnachahmlichen Zug zum Korb. Und generell zeigte sich in der Viertelfinal-Serie, dass der Veteran genau die Rolle ausfüllt, die sein Team gerade braucht. In den ersten beiden Viertelfinalspielen fehlte Backcourt-Partner Kaza Kajami-Keane, somit schulterte der 34-Jährige die Chemnitzer Offense und legte 22 und 26 Punkte auf. Als der Kanadier in die Mannschaft zurückkehrte, nahm sich Lansdowne wieder zurück, warf im dritten Spiel keinen einzigen Dreier (in der Partie davor waren es noch elf) und fokussierte sich mehr auf den Spielaufbau (zehn Assists in den letzten beiden Spielen).
Hermannsson mag zwar seinen Dreier verloren haben, seinen einzigen erfolgreichen Distanzwurf der Playoffs traf er aber zu einem wichtigen Zeitpunkt: in der Crunchtime der zweiten Partie. Außerdem ist der Isländer mit 6,3 Assists im Schnitt ligaweit der beste Vorlagengeber im Viertelfinale gewesen. Hermannsson und Lansdowne müssen sich allerdings nicht nur auf das direkte Duell einstellen. So wie ALBA-Trainer Israel Gonzalez gerne die defensive Intensität von Jonas Mattisseck nutzt, um den Druck auf den gegnerischen Spielmacher zu erhöhen, tut Rodrigo Pastore dies in Chemnitz mit dem vielseitigen Small Forward Aher Uguak.
Die X-Faktoren: Mit Aher Uguak und Dominic Lockhart verfügen die NINERS über zwei der besten Perimeter-Verteidiger der Liga, welche für die Chemnitzer Defense die perfekten Matchups sein könnten gegen die starken Berliner Flügelspieler Matt Thomas und Sterling Brown. Wie wichtig Uguak ist, mussten die Chemnitzer im zweiten Spiel gegen Vechta erfahren, als es ohne ihn eine 87:96-Niederlage setzte. Auch offensiv nimmt Uguak eine wichtige Rolle ein, da er seine Aufbauspieler immer mal wieder im Spielaufbau entlasten kann. Die Berliner haben auf dem Flügel mit Louis Olinde ebenfalls einen starken Verteidiger zur Verfügung. Nach überstandener Fußverletzung kehrte der 26-Jährige im ersten Playoff-Spiel gegen Bonn zurück und blockte direkt nach seiner Einwechslung einen Wurf. Und auch Olinde kann offensiv Akzente setzen: Beim dritten Sieg gegen Bonn lief er von außen heiß und brachte Berlin im dritten Viertel mit drei schnellen Dreiern zurück.
Hometown Heroes: Jonas Richter ist in Chemnitz geboren und aufgewachsen, wurde im Verein zum Nationalspieler ausgebildet, hat nie woanders gespielt, ist mittlerweile Kapitän des Teams und hat kürzlich mit dem FIBA Europe Cup den ersten Titel der Vereinsgeschichte geholt. Mehr Chemnitz als Jonas Richter geht nicht -- da wird selbst Kraftklub zustimmen müssen. Das Pendant bei ALBA sind Tim Schneider, Jonas Mattisseck und Malte Delow -- alle drei in Berlin geboren und aufgewachsen, bei den Albatrossen zu Nationalspielern entwickelt und diese Saison ein giftiges Trio, das zumeist von der Bank kommt.
Innengröße gegen Außengröße: Berlins Center Khalifa Koumadje ist mit 2,21 Metern der größte Spieler der Liga und kann am Brett eine Macht sein. Chemnitz kann zwar nur die kleineren, aber beweglicheren Big Men Jeff Garrett (2,01 Meter), Kevin Yebo, Jonas Richter (beide 2,07) und Ousman Krubally (2,02) dagegenstellen, hat aber dafür an anderer Stelle Größenvorteile: Die Außenspieler Dominic Lockhart (1,99), Aher Uguak und Tylor Ongwae (beide 2,01) bilden mit ihrer Größe und Athletik die erste Speerspitze der Chemnitzer Defense und können dazu viele Blöcke einfach switchen, wodurch gegnerische Teams im Setplay oft Probleme bekommen. Klappt das auch gegen das spielintelligente Berliner Team?
Im Blick des Bundestrainers: Bei der Anzahl der deutschen Nationalspieler und deren absolvierten Länderspielen führt Berlin deutlich mit fünf DBB-Akteuren mit insgesamt 94 DBB-Einsätzen: Weltmeister Johannes Thiemann (81), Louis Olinde (5), Jonas Mattisseck (3), Tim Schneider (3) und Malte Delow (2). Bei Chemnitz kommen Dominic Lockhart (8) und Jonas Richter (2) auf zusammen zehn Länderspiele. Dementsprechend gingen bei Berlin in der BBL-Hauptrunde auch 39,3 Prozent aller Minuten an einheimische Spieler, bei Chemnitz waren es 24,8. Bei den NINERS ist in dieser Rubrik noch Kevin Yebo zu nennen, der angekündigt hat, sich nach den Playoffs zu entscheiden, ob er künftig für die DBB-Auswahl oder die Elfenbeinküste auflaufen möchte.
Zahlen, bitte, Teil II: Aher Uguak (29:47 MPG) und Jeff Garrett (29:35) gehören zu den Pferdelungen der Liga und sind mit DeAndre Lansdowne (27:26) und Wes van Beck (25:19) die vier Chemnitzer Akteure, die in Pastores Neuner-Rotation im Schnitt mehr als 25 Minuten pro Partie auf dem Parkett stehen. Bei Berlins größerem Kader wurde die Einsatzzeit in der Hauptrunde auf mehr Spieler verteilt, aber im Viertelfinale gegen Bonn mussten die Leistungsträger Sterling Brown (26:44 MPG), Matt Thomas (24:45), Johannes Thiemann (23:10) und Martin Hermannsson (23:07) auch etwas länger arbeiten.
Rekordverdächtig: Die zehn Profis, die bei Chemnitz regelmäßig eingesetzt werden, kommen auf ein Durchschnittsalter von 29,8 Jahren -- das ist noch vor den Bayern (28,6 Jahre) der Spitzenwert der Liga. Berlins feste Rotation dagegen ist im Schnitt 26,8 Jahre alt, wobei langzeitverletzte Spieler wie Ziga Samar (23 Jahre), Matteo Spagnolo und Gabriele Procida (beide 21) nicht mal mit eingerechnet sind.