"Vertragsnationalität" im Basketball
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Das Thema ist ja nun nicht sonderlich neu. Das gab es bereits in den 1990er Jahren vor der Bosman-Entscheidung, als die Ausländerregelungen noch wesentlich strikter waren. Wer damals schon dabei war, erinnert sich sicherlich an die ganzen Serbo-Griechen, als bspw. die Serben im Folge des Bosnienkrieges international geächtet waren und deren Spieler, die zudem nicht unter EU-Regelungen fielen, händeringend nach Verdienstmöglichkeiten (und Schutz vor NATO-Angriffen) suchten. Diese waren nicht die einzigen eingebürgerten Griechen und Türken, aber in ihrer Menge waren Marko Jaric aka Latsis, Peja Stojakovic aka Stogiakovits und ausgerechnet der nationalistische Milan Gurovic mehr als die Spitze des Eisbergs. Das Gezerre um den eingebürgerten Dragan Tarlac nach Aufhebung der Sanktionen machte damals auch gewaltige Schlagzeilen.
Die weitgehende Freigabe der Ausländerbeschränkungen infolge der Bosman-Entscheidung hat die ganze Situation nicht wirklich verbessert. Stattdessen wurden/werden jetzt US-Amerikaner eingebürgert, insbesondere gerne von in den 1990er Jahren neu entstandenen (Klein-)Staaten und deren euphorischen Funktionären. War es früher Griechenland und die Türkei, die gerne mal mit Pässen um sich warfen, so sind es nun Georgien, Mazedonien und Bosnien, die sich damit einen “Namen machen”. Die neuen Regelungen sorgten für manche “Stilblüte”, siehe auch diesen Thread: Liga ACB: ‘Passport fraud’. Wenn es ums Geld geht, scheint alles möglich. Auch der DBB ist hier nicht erst seit Nihad Djedovic und Anton Gavel unbeleckt. Zu deutschstämmigen Nordamerikanern wie einst Mike Jackel, Hurl Beechum, Jens-Uwe Gordon etc. und später Shawn Bradley und Chris Kaman, die in der Regel erst im Erwachsenen-Alter ihren deutschen Pass bekamen, gab es auch früher bereits diverse Osteuropäer mit deutschen Schäferhunden.
Bisweilen wird eine Verfassung als eine Art Vertrag zwischen der Gemeinschaft an sich und ihren staatlichen Institutionen sowie den individuellen Bürgern betrachtet, d.h. der Bürger unterwirft sich den gesetzlichen Regelungen inkl. Notstandsregelungen für den Erhalt von Grundrechten, also insbesondere physischer und sozialer Schutzrechte. Wie sehr das “Geschäft” mit den naturalisierten Spielern mittlerweile im europäischen Basketball professionalisiert ist oder in diesem Fall halt nicht professionell, zeigt auch dieser Artikel bei eurobasket.com:
Only in Bosnia the Disgrace of the Naturalized Players Continues! Wilbekin Signs with Turkey Instead!Bosnia is facing another embarrassing issue related to naturalizing a player to represent the team internationally. The team waited on Scott Wilbekin to come to an agreement with the team. They started negotiations over the summer … Reports stated that he had submitted some but not all of the paperwork. When they attempted to make contact with him he didn’t respond, creating worries that the situation had changed. He announced this weekend that he was playing for Turkey instead, dealing a devastating and serious blow to Bosnian National Team hopes.
Manche machen sich Sorgen wegen Verletzungen von Nationalspielern oder NBA-Eignern, die Spieler nicht freigeben, andere verzweifeln offenbar ob der Zusage und Vertragstreue von _National_spielern. Die Episode mit Alex Renfroe soll sich jeder selber durchlesen. Die Unterstellungen wegen der nächtlichen Aktivitäten von Renfroe will ich gar nicht weiter kommentieren, aber das Problem für den Artikelschreiber scheint nicht die Praxis an sich, sondern das fehlende Commitment der Vertragsbürger zu sein.
… this latest episode with WIlbekin went down was he was guided to the team by mega agent Miso Raznatovic of BeoBasket who’s support of BiH sports over the years has been questionable at best. The fact that three consecutive naturalized payers have had such embarrassing episodes is unprecedented in International Basketball. If this happened once to a nation it would be an national embarrassment, the fact its happened in three consecutive successions means the entire organization has embarrassed the nation time and time again with no shame in doing so. In any other developed country that produces such prodigious basketball talents someone would be held responsible, …
Peinlich ist also, dass sich der Verband von Geschäftemachern ausnutzen lässt, während andere Verbände (Georgien, Mazedonien, Äquatorial-Guinea?) dieses offenbar besser hinkriegen. Es ist also keine nationale Schande, seine Pässe gegen vermeinliche sportliche Leistungen zu dealen, sondern dabei mutmaßlich über den Tisch gezogen zu werden. Vielleicht ist das Prozedere von vorne herein peinlich genug und IMHO ist es zudem mehr als peinlich, dann auch noch solch i.e.S. jämmerliche Artikel zu schreiben.
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Der ACB-Passport-Fraud hat knapp fünf Jahre nach Entdeckung jetzt offenbar ein Nachspiel:
eurohoops.net: Prosecution requests 16 months sentence for Marcus SlaughterDas wäre grundsätzlich begrüßenswert, wenn es nicht so verdammt spät käme. Andy Panko hat offenbar noch mit 41 Jahren in Mexiko gespielt, ist jetzt aber auch inaktiv. Marcus Slaughter turnt noch gewerbsmäßig durch Sporthallen und momentan sogar in Europa für AEK. Da wäre es interessant, ob dieser Betrugsfall ein Auslieferungsabkommen abdeckt von Griechenland nach Spanien. Falls er zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wird, könnte es ansonsten noch interessant werden, wenn/ob AEK mit Slaughter in europäischen Auswärtsspielen antritt.
Eine Strafe für die Vereine halte ich ebenfalls für gerechtfertigt, doch eigentlich ist es witzlos, dies nach fünf Jahren zu verhängen. Ahnungslosigkeit können die Vereine IMHO nicht für sich beanspruchen, die teilweise mit den Vermittlern solcher Pässe zusammengearbeitet oder dies als Auflage in Verträgen eingebaut haben (vgl. Steven Esterkamps fehlender deutscher Pass bei seiner Vertragsauflösung in Ulm).
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In Spanien wird alles unter 2 Jahren Haftstrafe doch eh auf Bewährung ausgesetzt oder nicht? Zumindest bei Ersttätern. Und mehr soll da lt. Bericht kein Beteiligter kriegen.