Ich war die ganze Saison über zwischen dem optimistischen und dem pessimistischen Lager hin-und hergerissen und ich vermute, vielen anderen Fans geht es da ähnlich.
Aber im letzten Saisondrittel - es beschämt mich ein wenig das als Fan dieses Vereins schreiben zu müssen - ist das Band zwischen mir und der Mannschaft gerissen. Das erste Mal seit vielen Jahren habe ich mir zwei Spiele hintereinander nicht einmal im re-live angetan und ehrlicherweise fällt es mir schwer mir auszumalen, wie wir auch nur ein weiteres Spiel gewinnen sollen (da liege ich gerne falsch, habe die letzten Spiele ja eben auch nicht gesehen). Es ist jedenfalls seit geraumer Zeit ab dem ersten Viertel klar, ob wir gewinnen können oder definitiv verlieren, Moors und alle Zuschauer sehen es kommen, bleiben aber machtlos.
Verschwendetes Potenzial ist für mich die Schlagzeile der Saison. Die guten (hier oft genug beschrieben) Anlagen, sind wertlos, wenn sie nicht als Fundament dienen können.
Frey ordnet das Spiel gut, braucht aber einen Go-to-Guy an seiner Seite, er alleine ist einfach nicht gut genug. In engen Spielen kann er das Ruder nicht verlässlich rumreißen, seine Leistungen waren über die Saison gesehen auch wankelmütig. Mit einem Top-Spieler auf dem Flügel wie in Göttingen könnte er auch als Starter funktionieren, wenn man lieber diesen Weg gehen will, dann wäre ein Kettenhund als Back-up nicht schlecht.
Watson, Pape und Flagg konnten sich ins Team nicht einfügen. Zumindest Watson wäre als sixth-man von der Bank sehr wertvoll, wenn wir ihn als combo-guard bringen könnten und das restliche Teamgefüge sowieso schon funktioniert (siehe Julius Jenkins etc.). Dafür genügend gefestigt sehe ich uns allerdings wohl auch nächste Saison nicht. Pape ist als eindimensionale Pick und Pop Option ohne Defense, uneingelösten Versprechen im Post und mit monatelangen Aussetzern mein Flop der Saison, sympathisch sein und ein deutscher Pass können die lange Liste an Defiziten nicht wett machen. Sollte er einer der besseren Verdiener sein, ist er auch in der nächsten Saison mehr Klotz am Bein, sollte sich nicht grundlegend etwas ändern.
Fobbs hat alle Anlagen zu einem Topspieler in der BBL, in dieser Saison wollte der Kopf nicht. Ob sich das bessern wird, ist unmöglich von außen vorherzusagen.
Griesel, Kirkwood und Kennedy haben starke Rookie Saisons gespielt, teilweise wirklich dämliche Fehler gehören zum Lernprozess und wurden durch Spitzenleistungen wieder ausgewogen. Kirkwood nimmt manchmal etwas wilde Würfe, Griesel und Kennedy haben defensiv viel Luft nach oben. Kirkwood und Griesel sollten nicht die erste oder zweite Option im Angriff sein, aber könnten sich zu absoluten Stützen der nächsten Saison mausern. Kennedys Potenzial haben wir gesehen, wenn er sich stabilisieren kann, haben wir einen Top-Center in der nächsten Saison.
Sengfelder konnte seine Rolle als starker Scorer und Anführer aus Bamberg nicht auf ein höheres Niveau übertragen. Trotzdem ein guter Spieler mit klar definierten Stärken und Schwächen, aber nicht der Leader, den wir dieses Jahr gebraucht hätten. Zuletzt ein rein kosmetischer Punkt, aber sein ständiges Meckern bei den Schiris geht mir auf die Nerven.
Turudic und Thiemann sind kaum zu bewerten, Koch war von Anfang an mehr ein Geschenk an die Fans als alles andere, drei Kaderplätze sind für die Jungs zu viel, hier wird einer gehen müssen, um Platz für wichtigere Rotationsspieler zu schaffen.
Blunt und Bulic reihen sich mit all den Doppellizenzern ein, für die der Sprung zu groß war, das ist keine Schande, auf unserer Etat Stufe ist mit den Kaderplätzen 11 und 12 nicht zu planen, mit Glück fällt uns alle Jubeljahre ein Spieler mit BBL-Niveau in den Schoß.
Moors und sein Staff haben die Chance bekommen, eine völlig neue Mannschaft nach eigenen Vorstellungen zusammenzustellen und gut gescoutet. In der Isolation betrachtet ist jeder Spieler eine sinnvolle Verpflichtung gewesen, das Team konnte in der zweiten Saisonhälfte aber nicht verbessert werden. Die Defense im Besonderen hat man nicht in den Griff bekommen. Vor den angekündigten Konsequenzen hat man gekniffen und ein schwachen Endspurt geerntet. Im Nachhinein sagt sich da natürlich alles sehr leicht, Moors muss definitiv die Chance bekommen, sich in seiner zweiten Saison zu beweisen.
Aber die Aufgabe wird nochmal sehr schwer. Es gibt nur drei Spieler mit denen man ohne Bauchschmerzen in die nächste Saison gehen kann, sechs bis sieben könnten in Konstellationen funktionieren, in denen man hervorragende Ergänzungen findet.
Diese Saison war bisher eine emotionale Achterbahnfahrt, ein gutes Abschneiden in der CL gepaart mit einer BBL Saison am unteren Spektrum des akzeptablem und einer Mannschaft, die vereinzelt viel versprach ultimativ aber wenig davon gehalten hat.
Die Gemengelage ist kompliziert, egal wie das Basketballjahr zu Ende geht, dieser Kader fühlt sich an wie russisch Roulette, Alles hängt davon ab wie man nachlädt.
Sorry an alle, das musste ich mir von der Seele schreiben.