@gironimo sagte in Aufstieg aus der Pro B in die Pro A - Wer kann hoch?:
@okcthunder
dass was du beschreibst ist Mittelmaß.
…
Welcher Vereine in de ProA war den in seiner Vergangenheit schon mal insolvent?
…
Fast alle Vereine, die 30 Jahre und länger schon in den höchsten Spielklassen im Basketball aktiv sind, waren schon mal insolvent. Selbst die Bayern-Basketballabteilung war es indirekt auch schon einmal. In den 1980er Jahren hat man nochmal zwei Saisons erstklassig gespielt. Danach pendelte man zwischen zweiter Liga und Regionalliga und verzichtete 2005 sogar auf einen Aufstieg, weil man über kurz oder lang ansonsten insolvent geworden wäre. Mir fällt spontan kein Klub ein, der nicht schonmal insolvent war oder sich mal freiwillig zurückgezogen hat (vllt. Vechta, aber die kamen erst im neuen Jahrtausend in überregionale Spielklassen).
Wir kommen in der Diskussion sicherlich nicht auf einen Nenner,
Kommen wir nicht. Fangen wir nochmal ganz unten an. Warum gibt es Spielklassen überhaupt? Im Fußball gab es bis vor 1963 gar keine Bundesliga. Da gab es regionale Oberligen und anschließend eine Endrunde um die nationale Meisterschaft. Und warum hat man den Status Quo geändert und schließlich eine nationale Liga eingeführt? Man lese einfach mal auf Wikipedia nach.
… Während der Fußball in anderen bedeutenden europäischen Fußballnationen bereits vor dem Zweiten Weltkrieg in nationalen Profiligen organisiert war, … gab es in Deutschland in den bundesweit verstreuten Oberligen als höchste Spielklasse große Leistungsunterschiede zwischen einigen Spitzenmannschaften und dem Rest der Liga. Dies führte dazu, dass die in Ligaspielen oftmals zu wenig geforderten Spieler international nicht mehr konkurrenzfähig waren … Durch die Schaffung der Bundesliga als landesweit höchster Spielklasse mit einer deutlich gleichmäßiger starken Besetzung sollte das allgemeine Leistungsniveau erhöht werden.
Was hat das jetzt mit Basketball zu tun? Neue Spielklassen wurden zuletzt im DBB im Nachwuchsbereich eingeführt in NBBL, WNBL und JBBL. Die Begründung dazu war letztlich die gleiche wie im oben zitierten Wikipedia-Artikel zur Fußball-Bundesliga. In den bisherigen, regional gruppierten Regional- und Oberligen im Jugendbereich ergaben sich krasse Leistungsunterschiede mit unerwünschten Ergebnissen. In den bisherigen höchsten Spielklassen hatten sich Mannschaften zusammengefunden, die leistungstechnisch nicht zueinander passten. Seit der Einführung der Nachwuchs-Bundesligen häufen sich die Medaillengewinne für die DBB-Nachwuchsteams wie nie zuvor in der Geschichte inkl. U18-EM-Titelgewinn bei den ansonsten zuvor chronisch erfolglosen Mädels.
Es nützt niemanden, wenn man krampfhaft an der Sollstärke einer Liga festhält. Auch historisch gesehen macht es keinen Sinn, wenn bspw. in der BBL teilweise trotz deutlich geringerer Sollstärke Mannschaft wie Gelsenkirchen (Nord) und TG Würzburg (Süd) 1969, Neukölln und Kirchheimbolanden 1970, Darmstadt 1972, Neukölln 1973, Essen-Dellwig 1976, Aschaffenburg 1978, ART Düsseldorf 1985, Braunschweig 1989 in einer Saison komplett sieglos bleiben. Gleichsam waren zuletzt bei deutlich mehr Saisonspielen Vechta 2017 nur in 2 von 32 sowie Tübingen 2018 in einem von 34 Spielen “siegreich” und damit chronisch erfolglos. Viele Mannschaften, zumindest von den zuerst aufgeführten, kehren dann gar nicht mehr zurück, sondern werden durchgereicht, d.h. die Vereine schaden sich selbst, wenn sie in einer “zu hohen” Spielklasse spielen. Die Gründe für diese chronische Erfolglosigkeit sind zumeist nicht rein sportlich, sondern zeigen sich eben besonders in den (Infra)Strukturen, die dem verschärften Wettbewerb in der höheren Spielklasse nicht angemessen sind. Die in der höherer Spielklasse überlasteten Strukturen brechen dann komplett zusammen und es folgt der Absturz. Es hing an zu wenigen Personen, die massiv überlastet nur noch Frust und negatives Feedback zu spüren bekommen. Das macht keine/r lange mit und man schmeißt hin.
Ich meine, so etwas ließ sich zuletzt auch in ProA und ProB beobachten. Zumindest aus der Distanz wirkte es so, als wären solche Effekte in Schwenningen, aber auch in Hanau zu sehen gewesen. Da gab es große Träume. Wenn man erst eine Klasse höher spielt, dann rennen einem die Sponsoren die Bude ein. Dem war aber nicht so, stattdessen musste man im höheren Wettbewerb mehr Geld in die Mannschaft investieren und hatte tendenziell noch weniger Geld für Staff und Backoffice, die aber auch mit gestiegenen Anforderungen zu kämpfen hatten. Fast zwangsläufig wurden dann dort eben Fehler gemacht, was auf potenzielle Sponsoren unprofessionell und zusätzlich abschreckend wirkte. Dabei sind Spieler austauschbar, für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Stakeholdern wie Sponsoren und Fans braucht es aber ein stabiles Backoffice. Wenn es erst im Marketing und Ticketing hakt, dann vergraule ich diejenigen, die mit ihrem Geld den Laden am Laufen halten. Da helfen dann keine spektakulären Korberfolge auf dem Court mehr weiter.
Die Kirchheim Knights standen mal wieder kurz vor dem Playoff-Halbfinaleinzug diese Saison. Bereits 2012 (Cuxhaven 2008 und 2010) hatte man das sportliche Teilnahmerecht an der BBL erwirkt und letztlich verwirkt, weil man schon die damaligen Lizenzbedingungen der BBL nicht erfüllen konnte. Soll jetzt Kirchheim bei entsprechender sportlicher Quali hoch, weil Teilnahmerecht ist Teilnahmerecht und Sollstärken der Ligen müssen auch Iststärken sein? In die Kirchheimer Sporthalle passen angeblich 1800 Zuschauer hinein. Der Zuschauerschnitt im Playoff-Viertelfinale war gerade vierstellig, in der regulären Saison war er höher, weil man dreimal(?) nach Göppingen ausgewichen ist. Keine Ahnung, ob das dauerhaft möglich ist. Wenn Infrastrukturbedingungen in der BBL nicht mehr zählen würden, müsste man das ja aber auch nicht mehr. Selbst wenn dauerhaft 1500 Zuschauer in ihre Sporthalle Stadtmitte kämen in der BBL, dann wäre das ein Zehntel von dem, was ALBA beim Gast Bayern München in der Uber Arena begrüßen darf, und ein Sechstel von dem, was bei einer ausverkauften Max-Schmeling-Arena anfeuert. Gleiches gilt demnächst für die Bayern. Auch wenn die Kosten in solchen Hallen höher sind als in der Sporthalle Stadtmitte, gibt es in diesen Arenen zusätzliche Logen und weitere Preisdifferenzierung, so dass allein beim Ticketing nicht nur ein zehnfach höherer Umsatz, sondern ein weitaus höherer Betrag hereinkommt. Dazu kommen noch Zusatzeinnahmen über Cateringrechte und Merchandisingverkäufe etc.
Wie kann man da auf die Idee kommen, diese Klubs gehören in eine gemeinsame Liga? Nee, aber die Knights haben sich sportlich qualifiziert. Da passt das schon und die BBL spielt halt mit 18 Klubs. Was soll dabei herauskommen und damit bewiesen werden? Wenn man sich die Maßstäbe anschaut und wohin die EL-Klubs hinwachsen, dann wird auch klar, warum die BBL als selbst organisierte Liga weiter an ihren Infrastrukturbedingungen bastelt und diese weiterentwickelt. Bayern und ALBA haben dort aber auch nur zwei Stimmen, d.h. bei Mehrheitsentscheiden haben letztlich die mittleren Klubs oder das Mittelmaß das höchste Stimmengewicht. Aber auch die Verantwortlichen dieser Klubs sehen die Notwendigkeit zur Weiterentwicklung, weil sonst kein attraktiver Wettbewerb mehr gewährleistet werden kann. Also müssen die Klubs möglichst in Hallen spielen, die wenigstens halb so groß sind wie bei den Spitzenklubs, ansonsten wird man mittelfristig abgehängt. Und wenn der Wettbewerb stirbt, dann verschwindet auch die Geschäftsgrundlage/Motivation für eine gemeinsame Spielklasse (siehe oben). Dann kann man das so organisieren wie auf dem Balkan, wo die Spitzenklubs in einer supranationalen ABA-Liga spielen und erst zu den Playoffs sich zum nationalen Wettbewerb “herablassen”.
Status Quo und Sollstärken sind gut und schön sowie für eine gewisse Planbarkeit, welche für einen professionellen Betrieb notwendig ist, auch erforderlich. Aber letztlich zählt die Attraktivität des Wettbewerbs, ob eine Liga erfolgreich sein kann und angenommen wird. Wenn Klubs wie in einem Prokustesbett auf Dauer in eine Liga zusammengefügt werden, die nicht zueinander passen, dann hilft mir die Planbarkeit und das Festhalten an einem Status Quo auch nicht weiter, weil das Produkt nicht attraktiv ist und keinen Erfolg hat. (Man vergleiche die Lamentierei im Thread über Dyn, weil die EuroLeague das angeblich so viel bessere Produkt ist.)