Spieltag 31: Auswärtswoche beginnt an der Ostsee
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Spieltag 31: Auswärtswoche beginnt an der Ostsee
Nach dem Duell mit (und dem Heimsieg gegen) Chemnitz wird die Ostdeutschland-Woche für die MHP RIESEN Ludwigsburg nahtlos und doppelt in der Fremde fortgesetzt. Am Dienstag (30.04., 18:30 Uhr) gastieren die Gelb-Schwarzen in Mecklenburg-Vorpommern und treffen auf die ROSTOCK SEAWOLVES. Dyn überträgt, mit Michael Körner am Mikrofon, ab 18:15 Uhr aus der StadtHalle Rostock.
Die Zufälle und Zusammenhänge im Terminplan sind in manchen Spielzeiten kurios, so auch an in dieser. Während die MHP RIESEN Ludwigsburg in der easyCredit BBL-Hinrunde mehrheitlich eine Auswärtstournee durch Süddeutschland -- Würzburg, Ulm, Bamberg, München, Heidelberg -- machten, sind respektive waren die weitesten Auswärtsfahrten -- Oldenburg, Vechta, Berlin, Hamburg und Rostock -- allesamt in der Rückrunde beheimatet. Zudem gibt’s die Duelle gegen die drei ostdeutschen Klubs binnen acht Tagen direkt aufeinanderfolgend. Nach Chemnitz ist vor Rostock und Weißenfels, die Schwaben werden entsprechend in dieser Woche viele Reisekilometer zurücklegen. Aber, eins nach dem anderen. Also: Rostock.
Aufgrund der Kürze der Zeit und im Sinne möglichst vieler und guter Trainingseinheiten in heimischen Gefilden reisen die Schwaben via Flugzeug und über Stuttgart und Hamburg nach Rostock. Statt mehr als 800 Kilometern im Teambus gibt’s demnach eine relativ kurze Busfahrt von Hansestadt zu Hansestadt und über die A20, zuvor die SEAWOLVES-Vorbereitung in eigener Halle.
Am Dienstag treten die Schwaben dann in der einzigen Spielstätte im Oberhaus an, in der sie noch nie gewinnen konnten. Was bei erst einer absolvierten Partie (07.05.2023 | 92:87) keine Katastrophenbilanz ist, dennoch aber die Schwere der Aufgabe illustriert. Auch in der vergangenen Spielzeit reisten die Ludwigsburger als Favorit gen Nordosten, mussten sich aber nach Verlängerung geschlagen geben. Während die Auswärtspleite im vergangenen Jahr keinerlei Auswirkungen im Tableau hatte, wäre sie in dieser Saison tabellarisch bitter -- ein Ergebnis-Déjà-vu möchten die Barockstädter entsprechend mit aller Macht verhindern und im punktgleichen Dreikampf mit Bonn und Vechta (alle 18 Siege / 12 Niederlagen) mindestens gleichauf zu sein und auch zu bleiben.
Im Herbst noch punktgleich
Sowohl Ludwigsburg als auch Rostock, aktuell auf Rang 15 und nur einen Sieg vor einem Abstiegsplatz rangierend, stehen entsprechend unter Erfolgsdruck, gehen diesen aber mit unterschiedlichen Ergebnissen an. Die MHP RIESEN überzeugten in den vergangenen Wochen nicht immer, gewannen aber fünf ihrer letzten zehn Partien und reisen nach dem 96:93-Erfolg gegen Chemnitz selbstbewusst gen Nordosten. Die SEAWOLVES erlebten ihrerseits maximal frustrierende Monate und feierten im Kalenderjahr 2024 -- in 18 Spielen -- lediglich zwei Erfolgserlebnisse. Allerdings: Im April gab’s einen eminent wichtigen 92:75-Sieg in Tübingen und einen 95:86-Überraschungserfolg in Würzburg, das eigene (Offensiv-)Potenzial deuteten die Ostseestädter zudem vielfach an. Das Problem von Christian Held und seiner Mannschaft lautet Konstanz, Rostock kann spielerisch mit beinahe allen Teams der easyCredit BBL mithalten, brachte die Spiele aber zu selten siegreich zu Ende, was zu oft knappen Niederlagen führte. Während Ludwigsburg (damals 8.) und Rostock (9.) vor dem Hinspiel noch punktgleich waren, liegen nun zehn Erfolgserlebnisse zwischen beiden Klubs.
Auf dem Parkett dürfte der Unterschied allerdings weitaus geringer ausfallen, was vor an allem den besten Rostockern liegt: Derrick Alston Jr. (19,0 Punkte pro Spiel), Tyler Nelson (15,7) sind im Angriff eine Wucht. Am zurückliegenden Samstag überzeugte zudem Point Guard Lester Medford (12) in Bonn. Die Problemzone der Rostocker ist derweil die Big-Men-Riege: Chevez Goodwin (12,8 / 6,8 Rebounds) gehört ebenso wie Augustine Rubit zu den physisch besten Centern der Liga. Ersterer fällt seit anderthalb Wochen verletzt aus, könnte aber am Dienstag sein Comeback feiern, Zweiterer soll(te) den Mecklenburg-Vorpommern mit seiner EuroLeague-Erfahrung im Abstiegskampf helfen. Das Risiko der Verpflichtung, der US-Amerikaner riss sich im Februar 2023 im Trikot des FC Bayern Basketball die Achillessehne und befindet sich seither im Rehabilitationsprozess und Aufbau-Training, machte sich bisher noch nicht bezahlt. Der 34-Jährige wartet noch auf seinen ersten Einsatz, laut Klubangaben befindet sich die Nachverpflichtung seit dem 11. April im Training.
Ungeachtet dessen, ob entweder Goodwin und Rubit, keiner oder nur einer der beiden Akteure spielen wird können: Die MHP RIESEN sind bereit und präsentierten sich am Samstag, obwohl Ariel Hukporti nur 04:36 Minuten zum Einsatz kommen konnte, in sehr guter Verfassung: Eddy Edigin, Jonathan Bähre, Jeff Roberson und Jaren Lewis waren gegen die rebound-affinen Chemnitzer allesamt zur Stelle, entschieden das Rebound-Duell zu Ludwigsburger Gunsten (35:28), markierten zusammengenommen 42 Zähler, beherrschten die Zone. 42 ist (nicht nur dahingehend) eine gute Zahl. Denn im ersten Rostock-Duell der Spielzeit kamen Jayvon Graves und Desure Buie gemeinsam ebenfalls auf diese Anzahl an Punkten. Graves haderte am zurückliegenden Wochenende etwas mit seiner eigenen Leistung (13 Punkte / 6 Rebounds / 4 Assists / 30 FG%), Buie war in den vergangenen drei Partien mit 18 (Chemnitz), 24 (Hamburg) und 19 (Heidelberg) Punkten jeweils RIESEN-Topscorer -- hat aber prinzipiell nicht den Anspruch dies zu sein, sondern seine Farben zum Sieg zu führen. Exakt dies möchte er auch an Spieltag 31 machen und die Schwaben zum 19. Saisonsieg führen. Das Team und die anvisierten Playoffs stehen im Vordergrund -- und dafür benötigt es morgen Abend einen Sieg.
Zahlenspiele zum 31. Spieltag | #HROLUD
88,7 / 88,2 -- Punkte markieren Ludwigsburg und Rostock durchschnittlich pro Partie. In anderen Worten: Im Angriff agieren beide Teams gleichwertig.
36,7% -- der SEAWOLVES-Distanzwürfe finden durchschnittlich den Weg in den Korb, was der fünftbeste Wert (Ludwigsburg: 34,7 3P%, 12. Platz) im Oberhaus ist.
1.937 -- sogenannte Teilnehmer-Ausweise hatten die Mecklenburg-Vorpommern zum Abschluss des Jahres 2023. In der Top-100-Statistik des DBB grüßen sie seither von der ‚Tabellenspitze‘. Mehr aktive Basketballer:innen hat kein Klub Deutschlands in den aktiven Reihen und im Jugend- und Nachwuchsprogramm.
Infos
ROSTOCK SEAWOLVES vs. MHP RIESEN Ludwigsburg
Dienstag, 30.04.2024; Tip-Off 18:30 Uhr
StadtHalle Rostock, Südring 90, 18059 Rostock
Live bei DynRIESEN-Besuch in der JVA Stuttgart-Stammheim
Basketball hinter Gittern -- für (fast) alle Beteiligten eine neue Erfahrung.
Ungewohntes Terrain für die MHP RIESEN Ludwigsburg: Im Vorfeld des Auswärtsspiels in Hamburg haben die Gelb-Schwarzen dem Jugendbau der Justizvollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim einen Besuch abgestattet. Angeführt von Marc Salzer und David McCray gab’s für die Jugendlichen eine Trainingseinheit und für alle Ludwigsburger einen umfassenden Blick hinter die Kulissen der größten JVA in Baden-Württemberg.
16 Jugendliche, die Basketball spielen und Spaß dabei haben: Was beim ersten Lesen nach einem guten Vormittag klingt, ist es auch bei der zweiten Lektüre -- auch wenn diese Einheit hinter Gittern und mit straffälligen Jugendlichen stattfand.
Selbstverständlich hieß keiner der RIESEN-Beteiligten die begangenen Verbrechen der 14- bis 21-Jährigen gut. Gleichwohl ging es beim Besuch um die Menschen hinter der Straftat und um gesellschaftlich-sportliches Engagement, das im Idealfall einen kleinen Teil dazu beiträgt, dass es zu einem späteren Zeitpunkt keinen Rückfall mehr gibt. Angeleitet von Jan Hoegg, der in der MHPArena ehren- und in der JVA hauptamtlich aktiv ist und Patrick Gorba, Bereichsleiter des Jugendbaus, Haus 5, gab’s einen gemeinsamen Vormittag im Stuttgarter Norden -- um den Jugendlichen eine körperliche Betätigung zu ermöglichen und für Ablenkung zu sorgen.
Aus diesem Grund stand neben einem generellen Austausch mit den Jugendlichen, vor allem in Person von Lenny Anigbata, Johannes und Jacob Patrick sowie Luca Stübel, eine gemeinsame Trainingseinheit unter der Ägide von Marc Salzer und David McCray im Innenhof an. Wie beispielsweise auch in der JVA Heimsheim, hier war der Klub zur Mitte der 10er-Jahre zu Gast, ging’s beim RIESEN-Besuch hinter Gittern um sportliche Perspektiven im täglichen Miteinander -- weshalb die Ludwigsburger einige Bälle stifteten -- sowie eine soziale Facette: Aufgrund von Umstrukturierungen im Jugendbereich der JVA von offenen hin zu angeleiteten Freizeitmöglichkeiten sollen Jugendliche das Einhalten von Regeln und das gemeinsame sowie friedliche Miteinander als Vorteil erleben; unter Anleitung von Beamten dürfen geführte Projekte umgesetzt werden. Dennoch beträgt die tägliche Zeit in den Zellen 22 und mehr Stunden, was einerseits im Sinne des Freiheitsentzuges sinnvoll, andererseits für alle Beteiligten maximal herausfordernd ist. Auch dahingehend kann der Sport eine gern gesehene Ablenkung sein.
„Ich denke, dass ein lockeres Fazit, das einer der jugendlichen Teilnehmer im Anschluss an den Besuch der Basketballer aussprach, am besten für den Vormittag spricht. Er sagte, dass er im gemeinsamen Miteinander und beim Sport vergessen habe, dass er im Gefängnis sei. Es ist schön, dass die Basketballer ein solches Erlebnis, dank Offenheit, Neugierde und Kommunikation möglich gemacht haben, sagt Oberregierungsrätin Bianca Schäffner.
Marc Salzer, Schul- und Vereinskoordinator der MHP RIESEN, ergänzt: „Der gesamte Tag war für alle Beteiligten, für mein Empfinden, voller Eindrücke, Erfahrungen und Emotionen. Für uns, in Anführungszeichen Externe, war es einerseits sehr abschreckend und andererseits durchaus spannend mit vielen jungen Menschen zu arbeiten, die eine zweite Chance in Angriff nehmen möchten.